Übergewicht-dicke Pferde? - die richtige Fütterung

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Übergewicht-dicke Pferde? - die richtige Fütterung

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Adipositas (Fettleibigkeit-Übergewicht)

Hufrehe, EMS & Co. - Füttern wir unsere Pferde krank?

Insulinresistenz – ein modernes Gesellschaftsproblem

Insulinresistenz, Adipositas (Verfettung-Übergewicht) und Kohlenhydratstoffwechsel-Entgleisungen sind markante Probleme unserer menschlichen Wohlstandsgesellschaft. Die Ernährung ist energiekonzentriert und meist bedarfsüberschreitend. Dagegen arbeiten wir meistens nicht mehr körperlich und bewegen uns zu wenig. Dass dies nicht ohne gesundheitliche Folgen bleibt, zeigt z.B. die weltweit in den letzen 20 Jahren durchschnittlich um mehr als das 7-fache angestiegene Zahl der Diabetes Fälle (IDF, 2007).

Analog zu den Entwicklungen der menschlichen Ernährungs- und Arbeitsbedingungen haben wir auch die Lebens-, Arbeits- und Fütterungsumstände unserer Haustiere stetig mit verändert. Neben zu dicken Katzen und Hunden zeigen sich die Probleme seit einigen Jahren auch bei Pferden.

Fütterungs- und Nutzungswandel beim Pferd

Evolutiv ist das Pferd optimal an die Nutzung energiearmer, kauintensiver und faserreicher Nahrung angepasst. Dabei legt das Pferd als Dauerfresser während eines Weidetages in freier Wildbahn Strecken zwischen 12 bis 36 km zurück. Verdauungsphysiologie, Anatomie und Stoffwechsel sind auf genau diese Lebens- und Ernährungsweise ausgelegt.

Bedeutete die Nutzung als Reit-, Militär- oder Arbeitspferd früher noch schwere Arbeit, verrichten unsere Pferde in durchschnittlicher Freizeitnutzung heute oft keine oder nur noch sehr leichte bis leichte Arbeit. So zählt z.B. eine tägliche (7 Tage / Woche) Bewegung mit 40 Min. Schritt, 20 Min. Trab und 10 Min. Galopp noch zu leichter Arbeit. Trotzdem ist die Fütterung häufig noch auf höhere Leistung ausgelegt. Oft werden zur Raufuttergrundration bedarfsüberschreitende Mengen an energiereichem Getreide oder stark melassiertem Kraftfutter gefüttert. Hinzu kommen zum Teil nicht unerhebliche Mengen an Leckerli, Trockenbrot, Äpfeln, Karotten, etc.

Füttern wir unsere Pferde krank?

Was für normalfuttrige Tiere noch kein Problem darstellt, kann für leichtfuttrige Rassen und Pferde aber mittelfristig zu manifesten Krankheiten führen. Tierärzte berichten, dass Symptome wie Insulinresistenz, Hufrehe und Adipositas sowie Krankheiten wie das EMS (Equines Metabolisches Syndrom) immer häufiger ein Thema in den Praxen sind. Diese Entwicklung registrieren ebenfalls Fütterungsberater und fortschrittliche Futtermittelhersteller. Nicht ohne Grund wird an diesen Themen in den letzten Jahren vielfältig und intensiv wissenschaftlich geforscht.

EMS – eine Stoffwechselkrankheit zu dicker Pferde

Vereinfacht zusammengefasst, ist EMS (Equines Metabolisches Syndrom) eine Stoffwechselkrankheit zu dicker Pferde. Sie entsteht bei prädisponierten Pferden (Genetik, z.B. bei Ponyrassen) durch zu energiereiche Fütterung in Kombination mit zu wenig Bewegung. Oft sind die betroffenen Pferde insgesamt adipös, teilweise ist die Verfettung aber auch auf regionale Fetteinlagerungen am Mähnenkamm, Schweifansatz oder im Schulterbereich begrenzt. Symptome der EMS sind meistens die so genannte Insulinresistenz und eine verstärkte Neigung zu Hufrehe.

Insulin und Insulinresistenz

Was also versteht man unter Insulinresistenz, bzw. Insulin? Normalerweise reguliert das Hormon Insulin im Körper den Blutzuckerspiegel (siehe folgender Abschnitt). Insulinresistenz bedeutet jedoch, dass Insulin nur noch abgeschwächt oder stark eingeschränkt wirksam ist.

Normale Insulinwirkung

Wenn das Pferd frisst, steigt unter anderem der Blutzuckergehalt. Dieser Zucker wird im Blut zu den unterschiedlichen Körperzellen transportiert und letztlich dort zur Energiegewinnung „verbrannt“. Das Pferd ist evolutiv zwar nicht auf die Energieversorgung durch Zucker, sondern durch so genannte Flüchtige Fettsäuren spezialisiert; natürlich können die anflutenden Zucker aber vom Pferd genutzt werden.

Steigt der Blutzuckerspiegel nun an, ist dies das Signal für die Bauchspeicheldrüse, Insulin auszuschütten. Rezeptoren („Andock-Stellen“) für Insulin befinden sich an den so genannten Zielzellen, also an den Zellen, die den Zucker aufnehmen sollen. Insulin bindet an diese Rezeptoren und kurbelt dadurch die Aufnahme von Zucker in diese Zellen an. Zielzellen sind z.B. die zuckerverbrauchenden Zellen der Skelettmuskulatur und der Leber und die energiespeichernden Fettzellen. Wird der Zucker aus dem Blut in diese Zellen transportiert, sinkt der Blutzuckerspiegel ab.

Insulin hat aber noch weitere Wirkungen auf den Körper, z.B. auf die Blutgefäßwände, was den bedeutenden Einfluss von Insulin im Hufrehe-Geschehen erklärt (siehe Abschnitt „Hufrehe als Symptom von Adipositas, EMS und Insulinresistenz“).

Situation bei Insulinresistenz

Insulinresistenz wird vermutlich durch eine Schädigung der Insulinrezeptoren ausgelöst (siehe Abschnitt „Entstehen einer Insulinresistenz“). Wenn die Zielzellen, vor allem Leber- und Muskelzellen, dadurch nur noch vermindert auf das Hormon Insulin ansprechen, bleibt der Blutzucker erhöht. Dadurch muss laufend mehr Insulin produziert und ausgeschüttet werden. Deutlich erhöhte Insulinwerte im Blut sind letztlich die Folge. So dreht sich die Spirale ständig nach oben und was langsam begonnen hat, entwickelt sich schleichend zur manifesten Insulinresistenz.

Das Fettgewebe reagiert hierbei übrigens etwas anders als Leber- und Muskelzellen. Es kann auch bei Insulinresistenz noch gewisse Mengen Zucker aufnehmen und speichert den Zucker in Form von Fett weiterhin ein, was die Gewichtszunahme weiter voran treibt.

Entstehen einer Insulinresistenz


Adipositas als auslösender Faktor

Bei der Entstehung der Insulinresistenz spielt das Fettgewebe eine bedeutende Rolle. Fettzellen (die so genannten Adipozyten) sind nicht nur inaktive Depotzellen, wie man vermuten könnte. Sondern das Fettgewebe produziert viele Stoffe, die so genannten Adipokine. Sie haben vielfältige Wirkungen im Körper, z.B. auch als entzündungsvermittelnde Botenstoffe. Bei Adipositas werden nun vermehrt solche Stoffe gebildet. Sie schädigen die Insulinrezeptoren der Zielzellen, was die Glukoseaufnahme in die Zelle hemmt und die Insulinresistenz letztlich in Gang setzt.

Häufigkeit von Adipositas (Übergewicht) bei Pferden und genetisch bedingte Ursachen

Adipositas kommt bei Pferden weltweit nachweislich immer häufiger vor. Natürlich gibt es bei der Neigung zu Adipositas große Rasse- und tierindividuelle Unterschiede. Die Genetik spielt dabei die größte Rolle. Robustrassen, wie z.B. Shetland-Ponys haben sich im Laufe der Evolution an das stark wechselnde Nahrungsangebot ihrer ursprünglichen Heimat angepasst. Die Pferde fressen sich im Frühjahr und Sommer Energiereserven an, die im kargen Herbst und Winter aufgebraucht werden. Die Körper dieser Pferde haben sich durch ihre Fressgeschwindigkeit, die Futteraufnahmemengen auf der Weide, Stoffwechselunterschiede bei der Umsetzung von Futter zu Fett, etc. hervorragend auf diese Saisonwechsel eingestellt. In der heutigen, modernen Haltung findet dieser Wechsel aber nicht mehr statt. Außerdem sind unsere Weiden für solche Pferde meist zu gehaltvoll und zuckerreich (bei gleichzeitigem Mangel an Mineralstoffen und Spurenelementen). Die Folge ist, dass solche Rassen und Pferde häufig schnell verfetten, insulinresistent werden und bei Weidehaltung schnell zu Hufrehe neigen.


Hufrehe als Symptom
von Adipositas, EMS und Insulinresistenz

Eine Folge der Verfettung-Übergewicht ist ein stark erhöhtes Risiko für Hufrehe. Viele direkte oder indirekte Ursachen für Hufrehe, wie z.B. massiv absterbende Mengen an Dickdarmbakterien oder Fruktane aus Weidegras sind ja seit langem bekannt. Allerdings ist noch relativ wenig geläufig, dass Hufrehe auch gehäuft bei Insulinresistenz, bzw. durch die chronisch erhöhten Insulingehalte im Blut ausgelöst werden kann. Man geht davon aus, dass die Einwirkung des Insulin auf die Blutgefäße der Huflederhaut dafür verantwortlich ist. Auch die Adipokine aus dem Fettgewebe können die Blutgefäße der Huflederhaut direkt schädigen.

Die richtige Fütterung übergewichtiger, dicker Pferde

Alle genannten Fakten müssen bei der Fütterung von leichtfuttrigen Pferden und Rassen beachtet werden. Dabei spielt vor allem die bedarfsgerechte Fütterung und somit das Vorbeugen von Überernährung, Verfettung und Insulinresistenz die größte Rolle um gesundheitliche Folgen zu vermeiden:

  • Füttern Sie bedarfsgerecht.
    Meist ist es schwierig, die tatsächliche Leistung der Pferde realistisch einzuschätzen. Im Zweifelsfall ist es ratsam sich fachkundige Meinung (Fachbücher, Futterfirmen) einzuholen. Manche Futterhersteller bieten zudem eine profunde Rationsberechnung an. Siehe auch: http://www.marstall.de/cms/de/service/rationsberechnung.html
  • Füttern Sie raufutterbetont.
    Nicht nur der Körper, auch die Psyche eines Pferdes muss durch die Ration gesättigt werden. Der Dauerfresser Pferd benötigt auch bei geringen Leistungen stetig etwas „zu knabbern“. Um Verhaltens- oder Verdauungsstörungen zu verhindern, sind Raufutter-Fresspausen > 4 Stunden unbedingt zu vermeiden. Eine Heuraufe, Heunetze, Knabberholz in der Box und auch die richtige Wahl des Raufutters (z.B. Heu vom späten 1. Schnitt / Stroh-Gemisch) können dabei helfen, die Energieaufnahme zu begrenzen.
  • Weidegang mit Augenmaß.
    Leichtfuttrige Pferde mit Hufrehe-Neigung sollten nur zu fruktanarmen Weidezeiten und stundenweise (oder mit Fressbremse) weiden. Gras enthält immer dann viel Fruktan wenn die Pflanzen bei sonnigem Wetter nicht gleichzeitig wachsen können (entweder wegen Trockenheit oder bei Frost).
  • Richtig abnehmen.
    Adipöse Pferde sollten durch kontinuierliche, langsame Bewegung und restriktive Fütterung abnehmen. Dabei ist aber wichtig, dass die Pferde nicht zu schnell zu viel abnehmen (nicht hungern lassen!). Empfohlen wird wöchentlich 1 % des Lebendgewichts. Optimal ist, wenn man beim Pferd in Stellung die Rippen sieht.
  • Bei adipösen Pferden keine melassierten Müslis. Bei adipösen Pferden mit Insulinresistenz, EMS und Hufreheneigung sollten Sie hoch glykämische Futtermittel vermeiden. Also am besten keine oder nur wenig getreide-, zucker- oder fruktanhaltige Kraftfutter (und Weidegras), die im Körper den Blutzuckeranstieg und eine hohe Insulinausschüttung bewirken. Es gibt viele alternative Ergänzungsfuttermittel auf Faser-Fett-Basis am Markt, z.B. marstall Vito oder marstall Faser-Light.
  • Am besten vorbeugen.
    Für leichtfuttrige und somit genetisch prädisponierte Pferde gelten neue wissenschaftliche Empfehlungen für stärkehaltige Kraftfutter pro Mahlzeit um einer Entgleisung des Insulinsystems vorzubeugen:
    :Etwa maximal 0,3 kg Müsli oder Getreide pro 100 kg Lebendgewicht und Mahlzeit (Coenen&Vervuert, 2010). Das wären für ein 250-kg-Pony etwa 0,75 kg pro Mahlzeit. Qualitativ hochwertige Kraftfutter wie z.B. marstall Müslis, mit hoher Mineralisierung/Vitaminisierung müssen lediglich in geringeren Mengen pro Tag gefüttert werden. Wählen Sie deshalb nur solch konzentrierte Müslis. Dies schont das Insulinsystem und ist zudem auch wirtschaftlicher.
   



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